© I. Kamelle-NiesmannEs war eine schöne Tagung! Rund 130 Teilnehmende aus ganz Deutschland waren am vergangenen Wochenende in Münster zusammengekommen, um den Vorträgen zuzuhören und an den thematischen Workshops teilzunehmen.
Die Referierenden gingen einfühlsam und fachkundig auf die Fragen der Anwesenden ein. Bei der Mitgliederversammlung wurde ein Teil des Defi-Liga Vorstandes neu gewählt. Das Bild von neuem und altem Vorstand zeigt, wie herzlich es zu ging.
Die bereits veröffentlichten Berichte und Zusammenfassungen der Workshops finden Sie hier!
Bereits 1892 schrieb der kanadische Arzt Sir William Osler, es gebe drei Phasen der Behandlung: Diagnose, Diagnose und noch einmal Diagnose. „Daran hat sich bis heute wenig geändert“, so Prof. Dr. med. Matthias Paul in seinem Eröffnungsvortrag am Samstag. „Zumindest dann nicht, wenn es um die lebensverändernde Entscheidung geht, ob ein Defi notwendig ist. Bevor es zur Implantation kommt, sollte deshalb genau geklärt werden, wie es um das Herz steht.“ Professor Paul stellte seinen Vortrag deshalb unter das Grundprinzip: Nur wer die individuelle Ursache einer Herzerkrankung kenne, könne sie sinnvoll behandeln. Bevor ein Defi zum Einsatz komme, stünden deshalb zahlreiche Untersuchungen an. Welche dies seien, erläuterte Professor Paul anhand eines Einblicks in die medizinische Welt der Diagnostik von Herzrhythmusstörungen.
Was haben Hormone mit Herzkrankheiten zu tun? Und warum ist es problematisch, wenn Medikamente nur an Männern getestet werden? Auf diese und weitere Fragen ging Prof. Dr. Dr. Bettina Pfleiderer in ihrem Impulsvortrag ein, mit dem der Tagungs-Sonntag begann. Professorin Pfleiderer lehrt und forscht in der Klinik für Radiologie im Universitätsklinikum Münster und leitet dort auch die AG Cognition & Gender. Ihr zentrales Thema: Wie sich das Geschlecht auf die Gesundheit auswirkt – und was dies unter anderem für Herzpatientinnen und -patienten bedeutet.
Die Medizintechnik erlebt einen rasanten Wandel – und auch die Defi-Technologie wird zunehmend patientenfreundlicher. Seit der ersten Implantation in den 1980er Jahren haben die Forschung und die Fortschritte in der Technik Defis heute zu minimalinvasiv implantierbaren Systemen entwickelt, die hochindividuell programmierbar sind. Priv. Doz. Dr. med. Julian Wolfes, Assistenzarzt in der Klinik für Rhythmologie im Universitätsklinikum Münster, war gekommen, um mit seinen Gästen im Arbeitskreis über diese Neuerungen zu sprechen. Bevor er mit seinen Gästen in den individuellen Dialog trat, gab er in einem Impulsreferat einen kurzen Überblick über aktuelle Neuerungen.
Dass Bluthochdruck, Diabetes oder zu hohe Blutfettwerte dem Herzen schaden, ist hinlänglich bekannt. Weniger thematisiert wird: Auch seelischer Stress kann das Herz schwer belasten. Stresshormone, innere Anspannung und Dauerbelastungen können dazu führen, dass sich Blutgefäße verengen, Entzündungen entstehen und die Blutgerinnung ansteigt – allesamt Risikofaktoren für Herzinfarkt oder Rhythmusstörungen. Besonders kritisch wird dies, wenn Stress chronisch wird – also über längere Zeit anhält. Studien zeigen, dass sogar belastende Kindheitserfahrungen wie Vernachlässigung, Gewalt oder dauerhafter Streit später das Risiko für Herzprobleme deutlich erhöhen können. Wer ein Herzleiden hat – besonders wenn ein Defi im Spiel ist – spürt oft: Es ist nicht nur das Herz, das leidet. Auch die Seele gerät unter Druck. In ihrem Arbeitskreis nahm die Psychokardiologin Dr. Brit Scholz aus dem Klinikum Erlabrunn die Teilnehmenden mit in die Welt der psychischen Belastungen rund um das Leben mit einer Herzerkrankung. Dass dieser Arbeitskreis, der sowohl Samstag als auch Sonntag stattfand, gleich zweimal „ausgebucht“ war, zeigte nur zu deutlich, wie wichtig solche Gesprächs- und Informationsangebote sind.
Regelmäßige, sanfte Bewegungen, angepasst an das eigene Leistungsvermögen, sind ein Schlüssel zu mehr Lebensqualität – auch oder gerade für Menschen mit Defi. Die erfahrene Sport- und Physiotherapeutin Miriam Otte war deshalb nicht zur Defi-Tagung gekommen, um lange Reden zu schwingen. Ihr Arbeitskreis war stattdessen ein Mitmach-Vortrag mit praktischen Tipps und Übungen, die sich einfach in den Alltag integrieren lassen. Wichtige Erkenntnis: Nicht immer braucht es ein Fitnessstudio, um etwas für die eigene Gesundheit zu tun – manchmal genügen schon ein Stuhl, eine Wasserflasche und ein bisschen Motivation.