Meilenstein S-ICD

Klassische Defis hatten - und haben für Patientinnen und Patienten, die sie tragen - einen Nachteil: Sie werden über Kabel, sogenannte Elektroden, direkt ins Herzgefäßsystem eingeführt. Das kann auf Dauer zu Komplikationen führen – etwa, wenn Elektroden sich entzünden, brechen oder mit dem Gewebe verwachsen. Ein Meilenstein in der Fortentwicklung der Technik war deshalb der subkutane ICD (S-ICD), der ohne Verbindung zum Herzen durch die Blutgefäße auskommt. Dank ihm lassen sich Komplikationen wie Infektionen, Verwachsungen oder Elektrodenbrüche erheblich reduzieren, ohne dass die Effektivität bei der Erkennung und Behandlung von Herzrhythmusstörungen leidet. Allerdings hat auch der S-ICD einige Einschränkungen, so dass er für bestimmte Gruppen von Patientinnen und Patienten ungeeignet ist: So hat er weder eine Schrittmacherfunktion noch kann er eine antitachykarde Stimulation (ATP) durchführen. Darunter versteht man den Stopp gefährlich schneller Herzrhythmen mittels eines sanften Impulses, noch bevor ein Schock nötig wird. Auch eine kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) kann er nicht durchführen.

EV-ICD: Die nächste Generation

Um die Vorteile des S-ICD mit zusätzlichen Funktionen zu kombinieren, wurde der extravaskuläre Defi, der EV-ICD, entwickelt. Er bietet - das ist neu - neben der Defibrillation auch die Möglichkeit zur antitachykarden Stimulation (antitachykardes Pacing) und der Schrittmacherstimulation bei zu langsamem Herzrhythmus. Mit dem EV-ICD ist ein neues Defi-System marktreif, bei dem die Elektrode direkt unter das Brustbein und damit nah am Herzen implantiert wird. In Deutschland gibt es bislang nur wenige Standorte, an denen dieses neue Defi-System implantiert wird. Dazu gehört unter anderem das Universitätsklinikum Münster. Hier wurde das System erstmals im Frühjahr 2024 implantiert. Die recht neue EV-ICD-Technik ist zwar noch nicht in Langzeitstudien erforscht. Mit seiner Entwicklung wurde jedoch erneut ein Weg beschritten, der für Patientinnen und Patienten zu mehr Lebensqualität führen kann.

Mehr über die Funktionen der neuen EV-ICD—Technologie erfahren Sie unter anderem hier:

 

Fragen stellen gibt Sicherheit

Burkhard Koller bedankt sich bei Dr. Wolfes für seinen InputBurkhard Koller bedankt sich bei Dr. Wolfes für seinen Input. © I. Kamelle-NiesmannIm Laufe des Arbeitskreises, in dem sich unmittelbar an die Einführung von Dr. Wolfes ein reges Frage- und-Antwort-Gespräch entwickelte, ging es denn auch häufig um genau diejenigen Defi-Bestandteile, die Patientinnen und Patienten mit intravenösen Defis Sorge bereiten: die Elektroden. Was passiert, wenn meine Elektroden brechen? Wie viele Elektroden kann man überhaupt durch ein Gefäß „verlegen“? Kann man Elektroden, die mit dem Gewebe verwachsen sind, überhaupt noch entfernen? Dr. Wolfes machte seinen Gästen zunächst einmal Mut, denn: Viele klassische Elektroden funktionieren über viele Jahre reibungslos. In aller Regel werde es auch in den Gefäßen nicht zu eng, um neue Elektroden zu verlegen. Müsse eine Elektrode tatsächlich entfernt werden, sei der vorrangige Grund eine Infektion. Ebenfalls auf diesem Feld habe sich die Technik weiterentwickelt, so dass es im Falle eines Falles mittlerweile erprobte lasergestützte Extraktions-Methoden gebe. Auch S-ICD-Patientinnen und Patienten waren in den Arbeitskreis gekommen, um sich zu informieren. Ihre Sorge etwa, künftig auf einen Herzschrittmacher oder ein antitachykardes Pacing angewiesen zu sein und dann eventuell auf den EV-ICD und die modulare Schrittmachertechnik zurückgreifen zu können, war eines der Themen, die sie mit Dr. Wolfes besprachen. Auch im Gespräch mit ihnen ging der Kardiologe punktgenau auf die individuelle Situation der Gäste und ihre Fragen ein. Da auch die Antworten nur eine individuelle Evidenz haben, vielleicht als Fazit des Nachmittags dieser Rat von Dr. Wolfes: „Wichtig ist, dass Sie immer regelmäßig ihre Kontrolltermine einhalten und beim leisesten Zweifel den Kontakt zu ihrem behandelnden Kardiologen oder ihrer behandelnden Kardiologin suchen. Besprechen Sie die Möglichkeiten, fragen Sie nach Neuerungen und ob oder wie Sie davon profitieren können“   

 

 

Text: Birgit Schlepütz
Foto: Ilona Kamelle-Niesmann

Quelle: Vortrag und Arbeitskreis Priv. Doz. Dr. med. Julian Wolfes