Bei Menschen mit chronischer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist das Herz nicht in der Lage, genügend Blut zu pumpen, um den Bedarf des Körpers zu decken. Diese Schwäche kann sich in verschiedenen Hauptformen manifestieren und betrifft Millionen von Menschen weltweit.
Bei der systolischen Herzschwäche hat der Herzmuskel eine verminderte Pumpkraft. Das Herz kann sich dadurch nicht stark genug zusammenziehen, um das Blut effektiv auszuwerfen. Die Auswurffraktion (EF) des Herzens ist dadurch verringert. Die Mehrzahl der Patienten und Patientinnen mit systolischer Herzschwäche leiden an einer koronaren Herzkrankheit. Bei der diastolischen Herzschwäche ist der Herzmuskel oft verdickt. Das Herz kann sich deswegen nicht ausreichend füllen, obwohl die Pumpfunktion an sich erhalten bleibt. Die meisten Patienten und Patientinnen mit diastolischer Herzschwäche leiden unter Bluthochdruck. Zur Veranschaulichung des Unterschieds verglich Professor Sindermann das Herz mit einer Gießkanne. Während die Gießkanne bei einer systolischen Herzschwäche nur unzureichend entleert wird, könne sie sich bei einer diastolischen Herzschwäche nicht vollständig füllen. In beiden Fällen habe die Leistungsschwäche, unter der Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz leiden, mit einer verringerten Kreislaufleistung zu tun, welche jedoch nicht mit einem niedrigen Blutdruck gleichzusetzen ist.
Welche Krankheitsbilder liegen der Herzschwäche zugrunde?
Die häufigsten Ursachen für die Ausbildung einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) sind eine Koronare Herzkrankheit (KHK) und ein zu hoher Blutdruck. Problematisch wird es, wenn eine koronare Herzkrankheit, ein zu hoher Blutdruck und ein Diabetes mellitus zusammen auftreten. Weitere Ursachen für eine Herzschwäche-sind z.B. Herzklappenerkrankungen, angeborene Herzfehler, Entzündungen, Herzmuskelerkrankungen sowie übermäßiger Alkohol-, oder Drogenkonsum.
Die chronische Herzschwäche erfordert aufgrund ihrer Komplexität eine gründliche Diagnostik und eine sorgfältige Behandlung. Die Erkrankung beginnt oft schleichend und umfasst in ihrem Verlauf Atemnot, wellenförmig sinkende Leistungsfähigkeit bis hin zu Wassereinlagerungen und ausgeprägter Leistungsschwäche. Oftmals können auch Herzrhythmusstörungen auftreten. Erkennt man die Erkrankung jedoch früh und therapiert sie gezielt, kann dies ihr Fortschreiten verlangsamen oder sogar umkehren und die Lebensqualität von Betroffenen verbessern.
Diagnose der Herzschwäche
Die Diagnose einer Herzschwäche erfolgt durch eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung. Dabei kann man zum Beispiel typische Beschwerden wie Atemnot und Schwellungen an den Beinen feststellen. Ein entscheidender Biomarker für die Herzschwäche ist das Hormon NT-proBNP, welches anhand des Bluts untersucht wird. Bildgebende Verfahren wie ein Herzultraschall sind unerlässlich, denn mit ihrer Hilfe lässt sich visualisieren, wie groß die Herzhöhlen sind, wie die Herzwände sich bewegen, wie dick der Herzmuskel ist, ob Klappendefekte vorliegen und ob die Kammern genügend Blut auswerfen. Eine weitere wichtige Untersuchungsmethode ist das EKG, welches routinemäßig unter Ruhebedingungen geschrieben wird (Ruhe-EKG), oder auch als Belastungs-EKGs zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit und zur Frage nach EKG-Veränderungen unter Belastung erfolgt. Dieses kann um die Messung der Sauerstoffaufnahme ergänzt werden und erlaubt eine genaue Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Herz-Lungen Systems (Spiroergometrie). Herzkatheteruntersuchungen und spezielle Herz-MRT-Aufnahmen können die Diagnostik ergänzen.
Behandlungsstrategien
Basis der Herzinsuffizienzbehandlung ist die medikamentöse Therapie. Dieses schließt auch die Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen ein. Darüber hinaus muss stets überprüft werden, ob die zugrundeliegende Ursache der Herzschwäche behandelt werden kann. Bei Patient*innen mit KHK ist die Frage der Herzdurchblutung zu klären und ggf. durch Stents und Bypässe zu verbessern. Bei erkrankten Herzklappen lässt sich durch die rechtzeitige operative oder kathetergestützte Korrektur die Herzschwäche nachhaltig verbessern. Defis wiederum werden primär oder sekundär zum Schutz vor bösartigen Herzrhythmusstörungen implantiert.
Zur medikamentösen Therapie der Herzschwäche stehen eine Reihe erprobter Medikamentengruppen (Wirkstoffgruppen) zur Verfügung:
- Betablocker: herzspezifische Betablocker verbessern die Prognose und schützen vor Stresshormonen.
- ACE-Hemmer steigern die Leistungsfähigkeit, indem sie schädliche Umbauprozesse im Herzen verhindern. Sie verbessern auch die Prognose und werden vielfach durch die neuere Substanzkombination Angiotensin-Rezeptorblocker-Neprilysin-Inhibitor (ARNI)
- Mineralkortikoidrezeptorantagonisten (MRA) hemmen die Wirkung des Hormons Aldosteron. Diese Substanzgruppe verbessert ebenfalls die Prognose bei Herzinsuffizienz. Da MRAs den Kaliumspiegel erhöhen, sollten Patient*innen ihre Kalium- und Nierenwerte regelmäßig kontrollieren lassen.
- SGLT-2-Hemmer sind Wirkstoffe, die ursprünglich zu Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt wurden. Sie führen dazu, dass mehr Zucker über den Urin ausgeschieden wird. Neuere Studien haben erwiesen, dass SLGT2-Hemmer die Krankenhausaufnahmen von Herzschwäche-Patient*innen verringern und ihr Überleben verbessern, und zwar unabhängig davon, ob man an Diabetes leidet oder nicht.
- Diuretika werden eingesetzt, um eingelagertes Wasser auszuschwemmen. Patienten, die Diuretika nehmen, sollten ihre Nierenfunktion und den Kaliumspiegel regelmäßig kontrollieren lassen. Denn: Ein niedriger Kaliumspiegel kann mit Herzrhythmusstörungen vergesellschaftet sein. Daher werden Diuretika i.d.R. in Kombination mit MRA gegeben, die den Kaliumspiegel im Gegenzug erhöhen.
Zum Abschluss seines Vortrags gab Professor Sindermann seinen Zuhörerinnen und Zuhörern mit auf den Weg, dass alle Betroffenen auch selbst zur Verbesserung ihrer Situation beitragen können. Dies gelinge bereits, wenn sie ihre Medikamente konsequent einnehmen, möglichst mediterran und salzarm essen, eine ärztlich verordnete Trinkmengenbeschränkung einhalten, ihr Gewicht täglich kontrollieren und Risikofaktoren wie Rauchen oder übermäßigen Alkoholkonsum vermeiden. Anders als man dies früher angenommen habe, helfe auch körperliche Bewegung bzw. ein ärztlich beaufsichtigtes Ausdauertraining, die Leistungsfähigkeit enorm zu steigern und die Zahl der Krankenhausaufenthalte zu verringern.
Quellen:
Vortrag Professor Dr. med. Jürgen Sindermann
Deutsche Herzstiftung
Text: Birgit Schlepütz
Foto: Ilona Kamelle-Niesmann