Die Fragen der Teilnehmenden sind sehr persönlich. Die Tagung fördert mit diesem Arbeitskreis den diskreten Austausch in einem geschützten und vertrauten Rahmen. Deshalb wird hier nicht über die konkreten Inhalte berichtet. Zur Erinnerung können Sie hier noch einmal die Ausführungen aus 2015 lesen, die nach einem Gespräch mit Frau Dalhoff sowie aus eigenen Recherchen entstanden*.

Zunächst empfinden viele ICD-Patienten die Implantation eines Defis als Erleichterung. Immerhin kann er ihr Leben retten. Doch schon bald sehen sie sich mit vielen Fragen konfrontiert, die ihr Wohlbefinden schmälern können. In dem Bewusstsein, einen Fremdkörper in sich zu tragen, auf den sie sich von nun ab verlassen müssen, können sie Gefühle von Kontroll- und Autonomieverlust entwickeln: Sie erleben sich ohnmächtig und ausgeliefert. In manchen Fällen kann das sogar dazu führen, dass sie den Defibrillator nicht mehr wollen – vor allem, wenn sie seine lebensrettende Funktion nicht erleben.

Kommt es dann zu Schocks, können diese ebenfalls zu Ängsten und Panikattacken führen. Im schlimmen Fall auch zu Depressionen. Die Angst vor dem Schock entsteht dabei meist aus seiner mangelnden Voraussehbarkeit und einer empfundenen Willkür. Der Körper gerät unter Stress. Wenn Patienten dann nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, führt das schnell dazu, dass sie soziale oder sportliche Aktivitäten vermeiden und sich damit sukzessive isolieren. Ganz wichtig ist deshalb die Aufklärung. Gespräche mit Psychologen oder Verhaltenstherapeuten können Ängste auffangen und Wege zeigen, wie die Patienten aktiv mit ihrem neuen Leben umgehen können.

Auch Lebenspartner haben Angst

Der Einbezug von Lebenspartnern und Angehörigen ist nach einer ICD-Implantation entscheidend wichtig. Denn auch sie haben Angst: dass der Partner verstirbt, dass sie nicht adäquat helfen können oder dass sie im entscheidenden Moment nicht zur Stelle sind. Und so, wie die Angst des Patienten ihn selbst stresst, geraten auch die Partner unter Druck. Was – unbeabsichtigt – dazu führen kann, dass sie den Patienten überbehüten und bei ihm zusätzliche Ängste schüren. Nicht selten vergessen Partner auch, sich um sich selbst zu kümmern und verausgaben ihre Energie bis zur Erschöpfung. Helfen können sie aber eher, wenn sie erkennen, dass sie sich ausreichend Zeit nehmen müssen für ihre eigenen Belange. Dazu gehört auch, dass sie lernen, sich dafür nicht zu schämen.

Das Ausmaß der Angst

Ob Patienten bereits ein Schockerlebnis hatten oder nicht, spielt für das Ausmaß ihrer Angst eine eher untergeordnete Rolle. Wichtiger ist ihre Persönlichkeit. So entwickeln Menschen mit einer sogenannten Typ-D-Persönlichkeit weitaus häufiger psychische Symptome als andere Persönlichkeitstypen. D steht dabei für distress, was soviel bedeutet wie Kummer. Diese Menschen sind eher nach innen gekehrt und häufig unglücklich. Sie ziehen sich von anderen Menschen zurück und haben kein großes Selbstvertrauen. Studien zeigen, dass das Herzinfarkt-Risiko bei Typ-D-Persönlichkeiten deutlich erhöht ist. Durch unbewältigte Ängste steigt bei Herzpatienten jedoch der Stresslevel. So bringen sie sich ungewollt selbst in Gefahr – und der Teufelskreis Stress – Arrhythmie – Schock – Stress kann einsetzen. Doch auch hier ist Hilfe möglich: denn Studien belegen, dass eine psychologische oder pharmakologische Intervention helfen kann, diesen Teufelskreis zu unterbrechen. Reden ist also bei Defi-Patienten nicht nur Silber, sondern Gold.

*Quellen:

Gespräch mit Silvia Dahlhoff, Defi Tagung 2015
medical tribune 16.11.2012 | Bericht über den Europäischen Herzkongress,
wikipedia.de


Text: Birgit Schlepütz
Foto: Ilona Kamelle-Niesmann