Ihre medizinische Karriere begann Priv.- Doz. Dr. Elif Kaya 2007 am Universitätsklinikum Münster (UKM). Von dort aus wechselte sie 2015 zum Westdeutschen Herz- und Gefäßzentrum des Uniklinikums Essen, wo sie das Implantations- und Explantationszentrum als Oberärztin leitete. Seit Oktober 2021 ist sie im Department für Rhythmologie des Clemenshospitals in Münster Chefärztin für die Device-Therapie. Thema des Abends waren neue Entwicklungen in der Device-Technologie.

Deutschlandweit werden jährlich rund 30.000 ICD und 70.000 Schrittmacher implantiert. Auch wenn die Therapie mit den konventionellen transvenösen Systemen mittlerweile mehr als sehr gut erprobt ist, weist diese Technologie auch Schwachstellen auf. So kann es in vergleichsweise seltenen Fällen zu Akutkomplikationen während der Implantation, aber auch zu Langzeitkomplikationen kommen. Dazu gehören:

  • der Pneumothorax, bei dem während der Implantation durch eine Verletzung versehentlich Luft zwischen die Lunge und die Brustwand tritt. Der Lungenflügel kann sich daraufhin nicht ausreichend ausdehnen. Ist diese Verletzung minimal, kann es sein, dass Betroffene keine Auswirkung spüren und der Pneumothorax unter Beobachtung von alleine ausheilen kann. Ist die Verletzung größer, fällt der Lungenflügel in sich zusammen und die eingetretene Luft muss entlastet werden.
  • grundsätzliche Probleme mit der Platzierung der Sonde.
  • Blutungen, Entzündungen und Hämatome im Umfeld der Aggregattasche
  • Der Herzbeutelerguss (Perikarderguss), bei dem sich Flüssigkeit im Herzbeutel sammelt. Er kann hervorgerufen werden, wenn eine Sonde während der Implantation die Herzkammerwand verletzt
  • Elektrodenbrüche oder Isolationsdefekte mit Systemfehlfunktionen
  • „Spaghettiknoten“ (Twiddler-Syndrom), bei der das Aggregat (mehrfach) verdreht ist und zu Funktionsstörungen und/oder einer Lageveränderung der Elektrode führt.
  • Verengungen (Stenosen) oder Thrombosen der Zugangswege
  • Systeminfektion/Sondenendokardtis: Ist eine Elektrode oder die Aggregattasche bakteriell entzündet, ist Eile geboten. In diesen Fällen werden das Aggregat und die Elektroden entfernt.

3 wichtige Forschungsfelder und Neuerungen

Priv.- Doz. Dr. Kaya stellte drei Bereiche vor, in denen es zur Verbesserung der Device-Therapie Neuerungen gibt.

Simulation des natürlichen Herzschlags durch „Conduction System Pacing“, wie z.B. HIS-Bündel-Pacing

Muss bei Patientinnen oder Patienten die rechte Herzkammer stimuliert werden, führt dies derzeit zu einer elektrischen Erregung des Herzens, die nicht der normalen Erregung entspricht. Das heißt: Die rechte Herzkammer wird früher erregt, was sich über Jahre zu einer dauernden Schaukelbewegung entwickelt und zu einer Herzinsuffizienz führen kann. Zu den Neuerungen in der Device-Therapie gehört deshalb die Simulation des physiologischen – oder natürlichen – Herzschlags. Dies, so Priv.- Doz. Dr. Kaya, kann man über das sogenannte HIS- Bündel-Pacing erreichen. Mit einem Film zeigte sie, wie dies funktioniert. Das HIS Bündel ist eine nur sehr kleine

Partie des Erregungsleitungssystem und der Eingriff entsprechend diffizil.

Kabellose Device-Therapie mit Stimulationskapseln („Mini-Schrittmacher“) und total subkutanen Defibrillatoren 

Dabei wird die kabellose Schrittmacher-Stimulationskapsel von der Leiste aus über eine große Schleuse in die rechte Herzkammer geführt und dort durch Fixierungsanker an der Herzmuskelwand befestigt.  Dieser Eingriff ist minimal-invasiv und geschieht unter lokaler Betäubung und/ oder unter Dämmerschlaf. Von diesem Eingriff profitieren derzeit hauptsächlich schwer kranke Patientinnen und Patienten nach einer Elektrodeninfektion (Sondenendokarditis), ohne Zugangswege, wie z.B. Dialysepatient*innen oder onkologische Patienten*innen mit Portsystem.

S-ICD

Herz und Gefäße bleiben mit dem S-ICD, welcher aus den beiden Komponenten Aggregat und Elektrode besteht, vollkommen unberührt. Sowohl das Aggregat als auch die 45 cm lange Sonde liegen komplett außerhalb des Herz- und Gefäßsystems. Weil kein Kabel in der Herzhöhle liegt, entstehen weniger OP-Probleme und wesentlich weniger Langzeitkomplikationen sowie keine systemischen Infektionen. Außerdem ist die Explantation einfach. Der Nachteil eines S-ICD ist, dass er keine Schrittmacherfunktion hat – allerdings wird sich dies in näherer Zukunft durch die Kombination mit einem kabellosen Schrittmacher (Leadless Cardiac Pacemaker, LCP) ändern. Eine Kommunikation zwischen beiden Systemen wird nur mit einem LCP der gleichen Firma möglich sein, so dass dann auch die schmerzlose Therapie mittels Überstimulation von ventrikulären Tachykardien möglich werden.

Wie eine perfekte Implantation der Aggregattasche (zwischen den zwei Brustmuskeln mit möglichst dorsaler Lage) funktioniert, zeigte ein Film, bei dem auch die Hand von Priv.-Doz. Dr. Kaya ihren Auftritt hatte: denn passen ihre vier Finger genau hinein, hat die Tasche ihre exakte Größe. Weil Priv. -Doz. Dr. Kaya im Clemenshospital mit dem PEAK Plasmablade (™) arbeiten kann, gelingt ihr diese sehr präzise Präparation, durch die auch das Gewebe besser verheilt und nur eine zarte Narbe verbleibt. Die verheilte OP-Wunde, die sie im Foto zeigte, macht deutlich, um wie viel weniger man den S-ICD durch die tiefere Implantation zwischen den Muskeltaschen anschließend sieht.

Defi-Tagung am 12. und 13. März 2022

Angelika Däne bedankt sich zum Abschied für den Vortrag und das anschließende Gespräch und gibt noch einige Hinweise für die Jahrestagung im März: Aktuell hoffen alle, dass die Tagung wie geplant stattfinden darf. Alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen sind vorbereitet. Vor der Jahrestagung findet außerdem die jährliche Mitgliederversammlung statt.

 

Text: Birgit Schlepütz

Quelle:
Aufzeichnungen Online-Gesprächskreis, Vortrag Priv.-Doz. Dr. Kaya