Zu wenig Spenderherzen

Umso bitterer ist es, dass die Zahl der Herztransplantationen 2015 laut dem jüngsten Herzbericht ein neues Rekordtief erreichte. Demnach sank ihre Zahl 2015 auf 283. Im Jahr zuvor waren es noch 294 gewesen. Patienten, die auf ein Spenderherz warten, stellt dieser Rückgang auf eine harte Probe. Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer, Vorsitzender der DGTHG, drückte dies anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Herzberichts im Januar 2017 so aus: „Aufgrund ihrer lebensbedrohlichen Erkrankung müssen viele der schwerst-herzkranken Patienten meist mehrere Monate im Krankenhaus oder gar auf einer Intensivstation auf die lebensrettende Transplantation warten.“

Kostbare Spende aus der Kühlbox

Zur Vollständigkeit einer Transplantationsgeschichte gehört auch, dass dort, wo ein Spenderherz implantiert wird, wenige Stunden zuvor ein herzgesunder Mensch gestorben ist. Denn als Spender kommen nur Verstorbene in Frage, deren Herz nicht durch eine Vorerkrankung geschädigt ist. Wichtig ist auch, dass Spender- und Empfängerherz in ihrer Größe weitgehend übereinstimmen. Und schließlich sollten maximal vier Stunden vergehen, bis die Kühlbox mit dem Spenderherz zur Transplantation im Operationssaal eintrifft. In Entfernung umgerechnet bedeutet das: Zwischen Spender und Empfänger darf etwa eine Distanz von bis zu 1.000 km liegen. Haben die Chirurgen und Kardiologen sich in Münster entschieden, dass ihr Patient ein Spenderherz benötigt, melden sie ihn oder sie bei „Eurotransplant“ in Leiden (NL) an. Nach dieser Anmeldung werden die Patienten im UKM engmaschig betreut.

Alternative Therapieformen

Um den Zustand der Wartenden zu stabilisieren, haben die Hochrisikochirurgie sowie Systeme zur mechanischen Herzunterstützung in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Auch wenn sie laut Herzbericht keinen vollumfänglichen Ersatz für ein Spenderherz sind, werden sie inzwischen bei über 90 Prozent der wartenden Patienten als Alternative oder zur Überbrückung eingesetzt.1 Zu weiterenalternativen Methoden für Hochrisiko-Patienten gehören unter anderem folgende Operationen

Bypass-Chirurgie

Ein Bypass leitet vereinfacht gesagt das Blut durch eine künstlich angelegte Umleitung an verengten oder undurchlässigen Blutgefäßen vorbei. Das Blut kann dadurch wieder besser fließen und die Pumpfunktion des Herzens verbessert sich.

Mitralklappen-Rekonstruktion

Die Mitralklappe ist eine der vier Herzklappen. Wenn sie sich öffnet, kann sich die linke Herzkammer mit Blut füllen. Ist die Mitralklappe defekt, versucht man zunächst, sie durch chirurgische Eingriffe zu erhalten. Ist das nicht möglich, sind biologische oder künstliche Klappenprothesen die Alternative.

Aortenklappenoperation

Die Aortenklappe verbindet die linke Herzkammer mit der Aorta, der menschlichen Hauptschlagader. Da Funktionsstörungen der Aortenklappen langfristig zu einer strukturellen Schädigung des Herzmuskels führen, ersetzt man sie durch künstliche oder biologische Prothesen.

Implantation von Kunstherzen

Verschlechtert sich der Zustand eines Patienten, der auf ein Spenderherz wartet, unterstützen die Herzchirurgen sie auch mit mechanischen Systemen zur Kreislaufunterstützung. Diese können künstliche Pumpsysteme sein, die außerhalb des Körpers liegen, aber auch innerkörperliche Pumpen bis hin zum Kunstherz.

Zur Geschichte der Herztransplantation

Die weltweit erste Herztransplantation führte der südafrikanische Chirurg Christian Bernard 1967 in Kapstadt durch. Das Herz, das der damals 55-jährige Patient Louis Washkansky erhielt, schlug nach der Transplantation noch 18 Tage. Seitdem ab den 1980er Jahren effektive und risikoarme immunsuppressive Medikamente zum Einsatz kommen, sind Herztransplantationen wesentlich erfolgreicher geworden.2

Das Transplantationsgesetz

Die gesetzliche Grundlage bildet das Deutsche Transplantationsgesetz (DPG). Es trat im Dezember 1997 in Kraft und wurde zum 1. November 2012 novelliert. Seitdem sollen alle Bundesbürger ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende fundiert prüfen und schriftlich festhalten. Verpflichtet dazu sind sie jedoch nicht. Außerdem hat der Wille des Verstorbenen zu Lebzeiten Vorrang. Ist er nicht dokumentiert, entscheiden die nächsten Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu Lebzeiten.

Weiterführende Informationen:

 

Text: Birgit Schlepütz
Foto: Ilona Kamelle-Niesmann

Quellen: